Für den Sommerurlaub haben wir uns ein Floß gemietet. Hat es geklappt mit der Kreativität? Neben Entspannung und Spaß für die Kinder erhofften sich die Eltern ein wenig kreative Freiheit mit Stift und Skizzenblock.
Es war eine sehr besondere und naturnahe Erfahrung mit einem Floss von Beeskow (1,5 Std. von Berlin) in den Schwielochsee mit einem Floß zu schippern. Diente die Wasserfahrt auch der Kreativität?
Ich spreche hier von den Huckleberry-Finn-Flößen mit Überdachung und nicht von Hausboot-Flößen. Ich bin gerne draußen, aber ich bin kein Outdoor-Survival-Expeditions-Typ. Was brachte also der “Kreativurlaub”? In diesem Erfahrungsbericht sage ich, was nicht funktioniert, aber auch, was sehr wohl funktioniert.
Wie man NICHT kreativ sein kann, trotz Floß-Urlaub
Wichtigste Punkte zuerst: Platz und Zeit. Zu viert auf so einem Floß ist es für kreative Freiräume etwas eng und wenn man nicht gerade im See schwimmen war, dann war man die ganze Zeit beschäftigt. Ich habe tatsächlich in 3 Tagen nicht einen Strich gezeichnet.
Die Frage ist also, wäre ich in einer anderen Zusammenstellung kreativer gewesen? Darüber mache ich mir im zweiten Teil des Beitrages Gedanken. Nun erst mal zu den Punkten, die einen von der Kreativität eher abhalten.
Dinge, die einfach Zeit kosten, wenn man auf dem Floß bleiben möchte und so wenig zivilisatorische Errungenschaften nutzen möchte wie möglich.
Das Floß durch Flüsse, Seitenarme und Seen zu steuern ist für den Captain entspannend, auch wenn man immer die Augen aufhaben muss. Ein Boot treibt schnell ab.
Die anderen Mitfahrer hören den Motor und das Gefühl unterwegs zu sein, ist sehr präsent. Auch wenn man nicht Vollgas gibt, bleibt ein gewisses Dröhnen.
Das Schaukeln ist nicht das Problem, da schaukelt man sanft mit, solange kein Schnellboot an einem vorbeirauscht, dann wird es allerdings recht lebendig. Es empfiehlt sich, die Wellen des anderen Bootes zu kreuzen, also von Vorne und nicht mit der Seite zu nehmen, dann rumpelt es zwar, schaukelt aber nicht so sehr.
Aufräumen ist auch ständig nötig, weil eben zu wenig Platz auf dem Floss ist. Für alle Kreativen kann ich daher den Kauf einer Stifterolle empfehlen, die genug Schlaufen hat für Aquarellbuntstifte, Wassertankpinsel, wasserfeste Fineliner, Spitzer und Kuli.
Einen heißen Tee macht sich auch nicht einfach mal so, denn der Campingkocher muss angeworfen werden. Je nach Ausführung muss man den Kochtopf festhalten, weil es auch in Buchten immer mal wieder schaukelt.
Essen machen, zumindest warmes Essen, dauert sehr lang, das ist wie permanentes Grillen, je mehr Personen, desto länger dauert es, man hat nun mal nur einen Kocher oder einen kleinen Grill für alle.
Bequemes Sitzen ist eine individuelle Frage, aber Kissen gibt es nicht und Holz wird über Stunden hinweg eben doch ganz schön hart.
Die Frage nach der Notdurft beschäftigt einen ziemlich, abhängig davon, wie nah man dem Steinzeit-Menschen kommen möchte, der in unsere DNA noch schlummert. Zivilisation, Privatsphäre etc. muss man über Bord werfen. Die Sauberkeit bringt ein Bad im Fluss, egal ob es regnet, warm oder kalt, hell oder dunkel ist. Eine Campingtoilette macht auch nur mäßig glücklich.
Abends wird es dunkel und bleibt es auch. Taschenlampen sind keine adäquater Lichtersatz, wenn man malen möchte. Zeichnen geht noch drinnen. Draußen werden ohne Feuer nur die Mücken angelockt.
Wenn nur einer Schlafen möchte, dann muss die kleine Kajüte komplett zum Großbett 2,10 mal 1,8 m umgebaut werden, da ist dann mit kreativem Malen und Zeichnen auch nichts mehr.
Wenn nachts einer auf die Toilette muss, dann haben alle etwas davon.
Ein donnerndes und blitzendes Gewitter lässt sich vorher kaum vermeiden, aber es empfiehlt sich in Ufernähe zu ankern und keinesfalls mitten auf dem See zu bleiben. Dennoch ist die Nacht dann extrem kurz. In der freien Natur auf so einem kleinen Bötchen ist ein Donner ziemlich laut und der Mensch wirkt dann doch etwas klein.
Zu guter Letzt, wenn man in Ufernähe plötzlich in Unterwasserschilf oder in Algenwälder fährt, dann muss man gleich den Motor ausmachen, damit sich die Schraube nicht festbeißt. Dann heißt es Paddeln oder in die Algen springen und das Boot rausschieben. Das geht gut, ist nur etwas ungewohnt.
Eine Lanze brechen für die Huckleberry Finn Flöße
Die Flöße waren genauso, wie sie beschrieben wurden. Der Verleih klappte bestens und der Motor sprang jedes Mal wunderbar an. Die Erklärvideos waren gut und treffend. In diesem Fall hatten wir nur ein wenig andere Vorstellungen von der Realität einer 3-tägigen Floßtour und wettertechnisch haben wir alles mitgenommen, was ein Sommer zu bieten hat.
Der Link zu den Huckleberry Finn flößen
Wie man auf einem Floß kreativ sein kann
Man muss wohl allein oder höchstens zu zweit sein, alles andere ist zu eng. Wenn Schlafraum und Wohnraum eins sind, dann ist das immer ein Problem.
Durch die Gegend schippern ist zwar schön, aber man muss ankern, um wirklich kreativ zeichnen oder in Ruhe Notizen fürs nächste Buch verfassen zu können. Man muss auch den richtigen Platz finden, der einen inspiriert.
Man muss beide Anker so werfen oder festmachen, dass sich das Boot nicht dreht, sonst kann der Ausblick recht uninspirierend werden.
Licht: Hier muss man sich ein gutes Licht besorgen, das gibt es auch als Aufsatz für die Campinggaz Kocher. Also Gaslampe oder helles Solarlicht ist zum kreativen Zeichnen, Malen oder Schreiben unverzichtbar.
Dankbar wäre hier ein Mal- und Zeichenbuch mit kleinen Quadraten zum Muster zeichnen. Das sind überschaubare kreative Tätigkeiten, die man auch in Schwarz-Weiß ausführen kann.
Natürlich würde ich auf einem Floß-Boot nur mit hochwertigen wasserfesten Finelinern arbeiten. Schnell kommen doch mal ein paar Wassertropfen aufs Blatt. Ich glaube, das bleibt gar nicht aus.
Aber: Licht kann man fast nur im Verschlag anmachen, sonst hat man viel Mückenbesuch. Je nachdem wo man so geankert hat. Antimückensprays sind nur bedingt nutzbar und wirkend.
Für eine bequeme aufblasbare Unterlage für den Schlafsack muss man sorgen. Eine Isomatte reicht nicht. Warm genug ist es im Sommer, Holz ist auf Dauer aber verdammt hart.
Das Notdurftproblem bleibt, auch mit einer Campingtoilette auf dem Floß. Alleine weckt man da aber nicht die ganze Familie, wenn es dringend wird.
Ein kleiner Reise-Aquarellkasten ist hier genau der richtige Reisebegleiter.
Kann ich einen Kreativurlaub auf einem Floß empfehlen?
- Ich möchte die Erfahrung auf dem Floß nicht missen, aber ein Kreativurlaub war es so nicht. Dafür war es ein ungeplanter Abenteuerurlaub für Großstädter.
- Das Schippern war toll, als Captain sowieso (für diese Flöße braucht man keinen Führerschein)
- Die Vögel bei der Futtersuche zur Dämmerung zu beobachten war wie in einer Wildlife-Doku, großartig.
- Das Schnattern der Gänse zum Einschlafen anzuhören war schöner als das Brummen eines LKWs.
- Wir hatten die ersten zwei Tage strahlenden Sonnenschein. Immer und überall Baden-gehen-zu-können, war wunderbar.
- Grillen und Campingkocher zu benutzen war urig. Eine Thermoskanne wäre schlau gewesen.
- Einmal bin ich um 5 Uhr aufgewacht und habe mir allein einen Kaffee gekocht und der Seewelt beim Aufwachen zugesehen. Inklusiver vorbei schwimmendem Otter mit Ast im Maul. Das entschädigte für die 3 Stunden Schlaf.
Ich denke, im Nachhinein muss man das ganz pragmatisch sehen: Das war schon cool, aber Zivilisation ist auch nicht schlecht.