Zum Planen von neuen Homepages oder frischen Beiträgen geben Stift und Papier gute kreative Impulse. Warum ist das so? Wo stecken die Vorteile und Nachteile beim analogen gegenüber dem digitalen Skizzieren der Ideen?
Man glaubt es kaum, aber selbst wenn oder gerade, weil man alles Mögliche digital erledigt, kann der Griff zum analogen Stift und Papier den Entstehungsprozess stark unterstützen.
Ich kam mal wieder auf dieses Thema, weil auf “selbstaendig-im-netz.de” der Beitrag: “Warum nichts Prototypen-Skizzen auf Papier ersetzten kann!” (von David) zu lesen war. Dieses Thema treibt auch mich immer mal wieder um, weil ich neben diesem Blog und den passenden Kreativbüchern auch andere Websites betreibe.
Diese Skizze habe ich vor dem Schreiben des Beitrages: “Autarkes Wohnen im Gartenhaus. Geht das?” auf meiner Seite “holgartenhaus-kaufen.de” angefertigt. Danach ging das Schreiben des Beitrages viel leichter.
Nach dem man sich das Thema ausgesucht hat und alle technischen Grundlagen wie Server, Domainname, WordPressinstalation, Plugins und HTTPS festgelegt und installiert hat, geht es an den Inhalt. Die obligatorische Keywordrecherche hat man schon durchgeführt. 🙂
Es gibt in diesem Zusammenhang zwei Wege, eine neue Website entstehen zu lassen.
1. Nachteile der Homepage- und Beitragsplanung ausschließlich auf dem Rechner
Man nimmt das Theme, das man sowieso schon immer genutzt hat. Man sucht sich das erstbeste Keyword mit einem guten Traffic/Konkurrenz-Verhältnis raus und schreibt seinen ersten Artikel einfach mal drauf los. Und dann kommt der nächste Artikel.
Oder man plant alles entweder mit einer Software, wie Mock-up- oder Wireframe-Tools oder eben auf einem Blatt Papier.
Gehen wir jetzt davon aus, dass man eine Stift-und-Papier-Intoleranz entwickelt hat.
Digitalisierung der Ideenfindung: Das ist der nur bedingt kreative, aber oft systematische Prozess. Beim “notieren und skizzieren” auf dem Rechner hat man immer den Drang gleich “ins Reine zu schreiben”. In der Realität will man auf dem Bildschirm schon ein schönes strukturiertes Planungsbild entstehen lassen. Man siebt im Gehirn vorher aus, was sich dort nicht so gut macht oder was nicht ins Schema passt.
Weiterhin ist es auch so, dass man bei komplexeren verschachtelten thematischen Darstellungen plötzlich doch wieder mit dem Grübeln über den Funktionalitäten der Software beschäftigt ist. Dabei geht viel kreative Gehirnleistung verloren.
Das intuitive Bedienen von Mindmap-Software ist auch ein großes Thema in dem Artikel “Whimsical: Das perfekte Tool für Mindmaps, Wireframes und Flowcharts”. Für alle Digitalnomaden ein Segen.
Oft wird man dabei durch die technischen Vorgaben oder durch das technische Unwissen aus dem kreativen Formulierungs- und Entwicklungsprozeß geworfen.
Am Ende macht man nur das, was man sowieso schon kann und eigentlich aus dem FF weiß. Das ist dann ein ähnliches Phänomen wie das des ewig leeren ersten Blattes bei Autoren. Kreativsein auf Knopfdruck ist noch schwieriger, wenn man sein Augenmerk auch noch auf technische Probleme richten muss. Bevor man also nichts tut, macht man das, was man schon immer gemacht hat. Das ist nicht die schlechteste, aber eben auch nicht die beste Lösung.
In der Folge besteht die Planung mehr aus einer ausgefeilten und grafisch anspruchsvollen To-Do-Liste, als dass neue Ideen entwickelt wurden.
Das ist aber nicht der Sinn einer Planung, die mit einem Brainstorming beginnen soll.
Mit Sicherheit widersprechen mit hier viele Webmaster, Layouter und Blogger, die nur noch digital arbeiten. Denn es funktioniert durchaus und jeder hat im Laufe der Jahre seinen eigenen Workflow entwickelt.
Die Frage ist nur, ob man in der gegebenen Zeit nicht zu noch mehr sinnvollen Ideen und damit auch Beiträgen kommen kann. Ist etwas Neues entstanden?
Aus ökonomischen Gründen ist es richtig, bereits funktionierende Prozesse zu kopieren. Die Spitzenpositionen hingegen erreicht oder verteidigt man nur, wenn man immer mal wieder Neues ausprobiert.
Mit diesem Beitrag plädiere ich dafür zu prüfen, ob das Skizzieren mit Stift und Papier die Arbeitseffizienz im Planungs- und Layoutprozess steigern kann.
2. Vorteile der Planung einer Homepage oder eines komplexen Beitrages mit Stift und Papier
Genau hier, bei der Planung, sollte aus meiner Sicht der allererste Schritt aus Skizzen auf dem Papier entstehen. Fernab von allen möglichen technischen Umgebungen lässt man seinen Gedanken freien Lauf und skizziert alle Ideen, auch die scheinbar unmöglichen.
Nichts ist leichter, als später die Ideen durchzustreichen, die bei näherem Überlegen nicht sinnvoll erscheinen. Bei einem digital animierten Strukturbaum können Änderungen schon aufwendiger sein. Je nachdem wie verzweigt alles ist.
Es ist kreativer etwas auf ein Blatt zu kritzeln, weil man nicht auf die Beschränkungen der Software oder der Unvollkommenheit des Umgangs damit achten muss.
Verschachtelungen von Gedanken geht mit Stift und Papier viel schneller zu visualisieren.
Dabei muss man klar unterscheiden zwischen einer Mindmap zur Ideenfindung und einer späteren Mindmap zur konkreten Ausgestaltung der Idee.
- Eine Mindmap zur Ideenfindung und noch im Brainstorming-Prozess ist mit Stift und Papier sehr viel schneller erstellt. Zumal ohnehin die Frage ist, ob man überall seinen Rechner dabei hat.
- Eine hochkomplexe Mindmap mit vielen Knoten und Stichpunkten passt nicht mehr auf ein DIN A4 Blatt. Dafür braucht es Tools und Apps.
Es gibt auch eine Zwischenlösung – 50% digital – 50% analog
Hier möchte ich noch eine Zwischenlösung anbieten. Es gibt Zeichentabletts von Faber-Castell (iskn) oder dem Platzhirsch Wacom, die ohne Computer, aber mit echtem Papier funktionieren, so sind die Skizzen gleich gespeichert. Wobei die Tablets immer aufgeladen und stets griffbereit sein müssen.
Hier habe ich die Bestandteile eines Latthammers gezeichnet. Diese und andere Skizzen habe ich in dem Beitrag: “Hammer für den professionellen Einsatz” untergebracht.
Manchmal ist die Frage, ob man die Skizze nur zur Ideenfindung, zur Vervollständigung des Artikels macht. In jedem Fall hat eine Skizze immer den Effekt, dass sie das Geschriebene erweitert.
Das Skizzenvideo und somit auch die Zeichnung habe ich mit dem iskn-repaper gezeichnet. Ein spannendes Gerät.
Für Skizzen genügt eventuell auch ein Smartphone mit Pen. Ob der Platz reicht, ist eine Frage der individuellen Vorlieben. Das Arbeiten darauf ist jedoch auch wieder eingeschränkt. Selbst das beste Grafiktablett ist kein Block. Diese Geräte sind für bewusste Tätigkeiten aber ganz großartig.
Die gedankliche Flexibilität ist mit Stift und Papier größer
Die Gedanken sind auf dem Papier freier, weil man auch mal Unsinn aufschreiben kann oder während des Überlegens einfach mal so vor sich hinkritzelt und halb unbewusst doch eine brauchbare Idee entwickelt.
Das Löschen von Gedanken, ganzen Kategorien oder einzelnen Beiträgen geht viel schneller: Durchstreichen und fertig.
Man hat weniger Scheu Unsicheres oder gar Blödes hinzuschreiben, weil ein Notizzettel nicht für die Ewigkeit gedacht ist.
Tipp: Wie machen einfache Symbole die Ideenfindung und Beitragsplanung noch schneller?
Ein großartiges Buch, um einfachste Symbole zu zeichnen, ist das Buch: Sketchnote Starthilfe (meine Review).
Wenn man das ein bisschen übt, dann geht das Skizzieren für Ideen noch schneller von Hand, weil ein Bild gleich mehrere Sätze auf einmal ausdrücken kann.
Hier geht es nicht darum, das schönste, sondern das verständlichste Bild schnell und einfach mit Stift und Papier darzustellen.
Bei aller Liebe zum akkuraten Hervorheben von wichtigen Begriffen. Man muss sich ja nicht langweilen. Also darf man die Umrandungen der Hauptpunkte durchaus variieren. Wenn man das aber seit der Schulzeit nicht mehr gemacht hat, dann fehlt einem die Übung. Dieses Wissen kann die Sketchnotes-Anleitung sehr plastisch und einfach vermitteln.
Links: Beispiele von anderen digitalen Menschen, die auch zur Stift und Papier greifen:
Ein sehr anschauliches Beispiel von Sacha Chua in ihrem Beitrag: “Drawing thoughts on index cards” Sie ist auf zahlreichen web- und it-Plattformen aktiv.
Auch der Beitrag von Jacob Cass zeigt, wie man von einem schnell handgezeichneten Wireframe (UX und Optik-Schwerpunkt Website-Skizze) zu einem späteren toolbasiertem Wireframe kommt: “Understanding the Creative Process behind Website Design“.
Ein schon älterer, aber immer aktuell gültiger Artikel von Elmastudio: “Wieso Stift und Papier noch keine Fremdwörter für Webdesigner sind“. Einfachheit ist hier Trumpf.
Das Wichtigste überhaupt: Deine Skizze muss nicht schön sein! Du musst sie verstehen! Sie dient dem Durchdenken und Lösen von Problemen. Die genau Ausgestaltung kommt später.
Fazit: Mit Papier und Stift Layouts zu skizzieren ermöglicht mehr kreative Freiheit
Ich denke, die ungehemmten Gedanken sind der Punkt auf den es ankommt.
- Das einfache Dazuschreiben von neuen Punkten.
- Ideengebäude können schnell grafisch dargestellt werden.
- Das muss nichts hübsch sein, nur später nachvollziehbar.
- Es gibt weniger Angst ungeprüfte Behauptungen hinzukritzeln, weil der Aufwand Falsches durchzustreichen sehr gering ist.
- Es gibt bei Stift und Papier-Skizzen weniger die Sorge eventuell Arbeitszeit verschwendet zu haben.
- Wenn das gemacht ist, dann kann man die Ausarbeitung immer noch in einem Tool aufhübschen und vervollständigen
Der Gewinn ist auf jeden Fall gegenüber allen anderen, die nur digital planen sichtbar in mehr Kreativität.
Das Skizzieren von neuen Ideen für Layouts einzelner Beiträge, Beitragskategorien oder ganzer Homepages mit Stift und Papier ist eine gute Sache, aber die digitalen Hausaufgaben muss man dennoch machen. Wenn ich die Keywords oder internen Verlinkungen völlig außen vor lasse, dann nützt auch der schönste Beitrag nichts.
Wie macht ihr es? Fertigt ihr noch oder wieder Skizzen eurer Layout oder Beiträge mit Stift und Papier an?